Schwefelabbau.

Mt. Ijen, Java, Indonesien

Du bist der Meinung, dass Dein Job schon echt hart ist? Dann hast Du leider absolut keine Ahnung. Einer der härtesten Jobs der Welt befindet sich in Indonesien. Genauer: Auf der Insel Java in einem Vulkan.

Vielleicht kennst Du ihn bereits von Galileo, denn die berichten auch ab und an über den Abbau von Schwefel im Krater des Ijen.

„Schwefel und Landwirtschaft?! Schwefel kann man doch gar nicht essen, was soll das miteinander zu tun haben?“, denkst Du jetzt vielleicht – aber warte ab.

Mein Ausflug zum härtesten Job der Welt begann um 2 Uhr morgens. Der Bus holte mich und 5 weitere abenteuerlustige Backpacker ab. Wir fuhren über eine Stunde lang durch Schlaglöcher und über unbefestigte Straßen zu dem Punkt, von wo aus der Aufstieg zum Vulkan begann.

Gut gelaunt und motiviert wanderten wir im Stockdunklen mit Kopflampe bewaffnet los. Wir überholten die ersten Minenarbeiter mit ihren Karren, welche uns anboten uns hinauf zu ziehen. „Taxi, Taxi“, riefen sie, aber wir waren ja jung und voller Elan, also liefen wir weiter.

Der unbefestigte Weg wurde immer steiler, der Wind stärker und irgendwann konnte man nur noch mit Tuch vor dem Mund und zusammengekniffenen Augen den Anstieg bestreiten. Ab und zu mussten wir stehen bleiben, um nicht über die Kante gepustet zu werden und in den Abgrund zu stürzen. Die Augen tränten vor Staub und es war wirklich ein Akt, den Kraterrand auf 2799 m ü.N.N. zu erreichen.

Kraterrand nur das Zwischenziel

Nach einer Stunde endlich oben angekommen die erste Erleichterung. Geschafft. Hier standen ein paar Karren der Minenearbeiter, dann konnte es ja nicht mehr weit sein. Tja, falsch gedacht.

200 m ging es nun in den Krater hinunter. Einer hinter dem anderen über Steine und Geröll, die Gasmaske auf der Nase. Einen richtigen Weg gab es nicht – deswegen mussten die Karren auch oben bleiben, ist irgendwie sinnvoll.

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Der Weg in den Krater – auch ohne schweren Ballast heikel genug.

Das berühmte „blue fire“

Nach der nächsten Biegung sah ich es dann: Die riesige Rauchwolke und das berühmte „blue fire“. Wenn sich das 240 Grad heiße Schwefelgas überhitzt und entzündet, entsteht eine blaue Flamme. Genau die wollten wir ja im Dunkeln sehen. Eine halbe Stunde dauerte der Abstieg in den Krater und dann rief unser Guide uns zu, wir könnten jetzt weiter hinunter, er bliebe hier, und in 15 Minuten würden wir uns dort wieder treffen.

15 Minuten im lebensfeindlichen Schwefelgas. Trotz Gasmaske verschlug es mir den Atem wenn der Wind drehte und die giftige Gaswolke mich umhüllte und in den Augen brannte. Es stank bestialisch nach faulen Eiern!

Immerhin hatte ich meine Gasmaske, aber ob die so viel gebracht hat, weiß ich nicht. Die Minenarbeiter haben meistens keine. Sie benutzen ein nasses Stofftuch, welches sie sich in den Mund stecken und das den Schwefel rausfiltern soll. Richtige Schutzkleidung wäre zu teuer.

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Wenn Schwefelgas brennt, entsteht ein blaues Feuer.

Der Schwefelabbau

Hier im Krater des Ijen befinden sich die aktivsten Solfataren (heiße Ausströmungen von schwefelhaltigen Gasen) mit bis zu 240 Grad Celsius. Seit 1968 wird offiziell Schwefel abgebaut.

Durch Rohre leiten die Minenarbeiter die Dämpfe an eine Stelle, an der sie die kondensierten Schwefelkristalle mit Eisenstangen rausbrechen können.

Die Schwefelstücke werden in zwei Bambuskörbe gelegt, welche mit einer Stange verbunden sind. Etwa 60 – 70 kg werden geschultert, zum Kraterrand hinauf geschleppt, in den Karren umgeladen und zum Fuße des Vulkans gebracht von wo aus wir gestartet sind. Die Arbeiter werden nach Gewicht bezahlt: Für 60 kg bekommen sie ca. 3€. Ihre Schicht geht 8 Stunden, in denen zwei Auf- und Abstiege möglich sind, ihr Tagesverdienst liegt demnach bei 6€ – und ihre Lebenserwartung bei 50 Jahren.

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Durch Rohre werden die Gase gebündelt an eine Stelle geleitet.
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Ein Minenarbeiter bricht Schwefelkristalle mit einer Eisenstange heraus.
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In diesen Körben wird Schwefel zum Kraterrand getragen und in den Karren umgeladen.
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Dem Sturm und Staub trotzend wird eine kleine Pause gemacht, bevor es weiter geht.
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Arbeiter auf dem Weg zum Kraterrand.

Verwendung von Schwefel

Eins vorweg: Schwefel ist nur gasförmig gesundheitsschädlich. In fester Form wird er sogar für medizinische Zwecke verwendet sowie für Seifen, Kosmetika und Salben.

Des Weiteren findet man Schwefel im Bauwesen; in Ziegelsteinen zum Beispiel, diese werden durch Schwefel saugfähig und verhindern, dass das Haus feucht wird. Schwefelsalz wird zum Trocknen von Obst verwendet. Ebenso wird Schwefel für die Herstellung von Schwarzpulver und der Feuerwerkerei verwendet.

Für landwirtschaftliche Zwecke findet man Schwefel in Form von Schwefelsäure in Düngemitteln wie Ammoniumsulfat (schwefelsaures Ammonium (SSA)). Schwefel ist wichtig für die Pflanzen, da es in Wechselwirkung mit dem Stickstoff steht. Die Pflanze benötigt also Schwefel, um Stickstoff effizienter zu verwerten. Besteht ein Mangel, verfärben sich die neuen Blätter der Pflanze wässrig hellgrün was bedeutet, dass nicht genug Chlorophyll (Blattgrün) vorhanden ist und somit die Photosynthese stark beeinträchtigt ist.

Übrigens: Ammoniumsulfat finden wir auch in Lebensmitteln unter der Zusatznummer E 517 als Trägerstoff – wieder was gelernt! 😉

Schwefel ist also ein wichtiges Element in unserem Leben, aber es gibt auch andere Möglichkeiten daran zu kommen. Man findet es zum Beispiel in Verbindungen von Kohlenwasserstoffquellen wie Erdöl, Erdgas und Kohle sowie als Sulfat in Gips. Bei der Entschwefelung von Erdöl und der Abtrennung von Schwefelwasserstoff aus Erdgasen fällt Schwefel als Abfallprodukt an und ist somit in großen Mengen verfügbar. Kanada, Russland und Saudi-Arabien sind die größten Exporteure. Der größte Importeur ist China.

Auf der einen Seite ist der Schwefelabbau auf Java von großer Bedeutung für die Weiterverarbeitung und die Wirtschaft vor Ort, jedoch ist es auch der härteste und gesundheitsgefährdendste Job der Welt. Meinen allergrößten Respekt!

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Nachdem die Sonne aufgegangen ist, sieht man den Krater in voller Pracht. Der Schwefelsee hat übrigens einen pH-Wert von 0,3.
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Hinter dem Bild: Unglaublich starker Wind – bloß nicht nach hinten kippen!
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